Infolge der napoleonischen Kriege wurde das Fürsterzbistum Satzburg 1803 aus der kirchlichen Bindung gelöst und verlor seine politische und wirtschaftliche Eigenständigkeit, von der es ein Jahrtausend lang geprägt worden war. Dies betraf insbesondere auch den Bergbau, der bis zu diesem Zeitpunkt unter der Hoheit des Landesherrn gestanden war.
Altes Knappenhaus am Rauriser Goldberg |
Von 1803 bis zur endgültigen Eingliederung als österreichische Provinz im Jahre 1816 stand Salzburg abwechselnd unter toskanischer, österreichischer und bayerischer Herrschaft.
Diese politisch äußerst unruhige und instabile Zeit führte zum weitgehenden Erliegen der wirtschaftlich ohnehin schwer angeschlagenen Bergbaubetriebe.
Mit der Eingliederung in die Donaumonarchie stabilisierte sich zwar die politische Lage. Die Liquidierung der eigenstaatlichen Münzprägung Salzburgs bewirkte jedoch dramatische Absatzeinbrüche für das Gold und Silber aus den Tauernrevieren. Denn die für das Münz- und Bergwesen zu ständige k.k. Hofkammer in Wien konnte das Edelmetall von einer Vielzahl an Betrieben innerhalb der habsburgischen Kronländer beziehen.
Die unmittelbare Konsequenz dieser ungünstigen Rahmenbedingungen war, dass die staatlichen Bergbaue, etwa am Radhausberg bei Böckstein und am Hohen Goldberg, bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts nur mehr unter großen Schwierigkeiten weiter geführt werden konnten.
Die Bergwerke wurden von staatlichen Bergverwaltern geleitet,
darunter namhafte Montanisten wie Joseph Ritter von Russegger (1831,-1840), Sigmund Werkstätter (1840-1843), Sigmund Helmreichen von Brunfeld (1843-1849) und Karl Reissacher (1851-1863).
Umso beeindruckender erscheinen aus heutiger Sicht die technischen Pionierleistung, die in dieser kritischen Phase des Goldbergbaues vollbracht wurden.
Aufzug am Hohen Goldberg – Rauris |
1832/33 erbaute der 0berkunstmeister ( Bergbauingenieur) Joseph Gainschnigg aus Lend die Aufzugmaschine von Kolm-Saigurn auf den Goldberg. Die Errichtung kostete 13.319 Gulden (nach heutiger Währung ungefähr 1 Million Euro)
Der aus Holz konstruierte Schrägaufzug war eine kühne und vor allem im unteren Abschnitt stellenweise über 50o steile Anlage, die 1,834 in Betrieb genommen wurde und bis 1897 ihre Funktion verrichtete.
Mit einem kleinen truhenförmigen Wagen, der auf einem Holzgestänge lief, konnte man nun Erz, Betriebsmittel und auch Personen wesentlich schneller und rationeller befördern – wenigstens in der schneefreien Jahreszeit.
Der Wagen wurde an einem 1,4 km langen Hanfseil mittels einer 3 Meter dicken hölzernen Seilwelle hinauf gezogen bzw. herab gelassen. Die Seilwelle war mit einem Wasserrad mit 11 Meter Durchmesser verbunden, das im Maschinhaus untergebracht war. Das oberschlächtige Wasserrad wurde über ein hölzernes Gerinne aus dem im Sommer reißenden Gletscherbach – dem sogenannten Maschinengraben – angetrieben.
Radhaus im Maschinengraben 1886 |
Bis zur Inbetriebnahme der Aufzugmaschine hatte man den gesamten Transport mit Saumtieren, meist Pferden und Hunden, sowie im Winter mittels Sackzug bewerkstelligen müssen – ein mühseliges und vor allem im Winter ausgesprochen gefährliches Unterfangen.
Während der Wintermonate konnte die Aufzugsmaschine wegen der meist hohen Schneelage und der fehlenden Wasserkraft nicht betrieben werden.
Schon oben beim Knappenhaus nahm man eine händische Grobaufbereitung und Sortierung der Erze vor. Die eigentliche Aufbereitung erfolgte in den Werksanlagen unten in Kolm Saigurn.
Sie bestand im wesentlichen darin, dass man zuerst das mit Quarz und taubem Gestein verwachsene Erz im Pochwerk zu feinem Sand zerstampfte.
Schwere Pochstempel aus Holz, die an ihrem unteren Ende mit eisernen Pochschuhen versehen waren, wurden von einer mit Zapfen bestückten, von Wasserkraft betriebenen Welle in gleichmäßigen Intervallen angehoben und fielen anschießend auf das Pochgut im Pochtrog nieder. Die Sohle des Pochtrogs war mit gusseisernen Platten ausgelegt.
Pochwerk zum zerkleinern |
Drei oder fünf hintereinander geschaltete Pochstempel besorgten sukzessive die vollständige Zerkleinerung.
Anschließend erfolgte die Anreicherung auf sogenannten Stoßherden, die nach dem Prinzip der nass mechanischen Schwere-trennung arbeiteten: Eine schiefe Ebene wurde in Rüttelbewegungen versetzt, wobei die schweren Erzpartikel an deren oberem Ende liegen blieben.
Das viel leichtere taube Material setzte sich hingegen weiter unten ab oder wurde überhaupt vom Wasserstrom fortgeschwemmt. Die Aufbereitungsverluste betrugen bei diesem Verfahren 50-60 %
Der auf diese Weise erzeugte Schlich (Erzkonzentrat) wurde in sogenannten Amalgamier-mühlen mit Quecksilber innig verrieben. Bei diesem aufwändigen Prozess bildete sich eine Gold-Silber-Quecksilber-Legierung (Amalgam). Durch Abglühen, d. h. Austreiben des leicht flüchtigen Quecksilbers durch Erhitzen, erhielt man eine Gold-Silber-Legierung, das sogenannte Mühlgold.
Aus gewissen Schlichsorten konnten die Edelmetalle durch das Amalgamier-verfahren nicht bzw. nur mit extrem großen Verlusten ausgebracht werden. Diese Konzentrate wurden zur ärarischen Schmelzhütte nach Lend transportiert. Dort wurden Gold und Silber mittels komplizierter Schmelzerfahren gewonnen, die im Rahmen dieses Führers nicht näher dargelegt werden können. Bedingt durch die hohen Schwefel- und Arsengehalte der Tauerngolderze, produzierte die Schmelzhütte giftige Abgase, die sich auf die Umweltsituation im engen Salzachtal sehr negativ auswirkten.
1855 waren im Bergbau am Goldberg und in der Aufbereitung in Kolm Saigurn insgesamt ca. 90 Leute beschäftigt, darunter 14 Frauen und Kinder. Trotz der technischen Verbesserungen war der Bergbau auf Dauer nicht wirtschaftlich zu führen. In den letzten Jahren vor der Schließung wurden praktisch keine neuen Erzvorräte erschlossen. Es wurden nur mehr minderwertige Erze durch Überkuttung, d.h. durch Aussortieren aus den Abraumhalden und aus dem Versatz in den alten Abauen, gewonnen.
1872 wurde schließlich die Bergverwaltung in Rauris aufgelassen. Administrative Angelegenheiten wurden noch bis zur Einstellung des ärarischen Bergbaubetriebes am Rauriser Goldberg 1876 vom k.k. Berg- und Hüttenamt in Lend erledigt.
Angesichts dieser tristen Situation beauftragte das k.k. Ackerbauministerium als zuständige Bergbehörde den erfahrenen und anerkannten Lagerstätten-Experten, k.k.Bergrat Franz Posepny, die Gasteiner und Rauriser Goldbergbaue zu untersuchen und Sanierungsvorschläge zu erarbeiten.
Posepny empfahl daraufhin die unrentablen Betriebe an einem Privatunternehmer zu verpachten, der mit geringem Aufwand vielleicht doch noch einen Gewinn erwirtschaften könnte. Als geeigneten Pächter schlug er Ignaz Rojacher vor, der mit den Verhältnissen und Problemen am Goldberg bestens vertraut war.
Rojacher der letzte Knappe am Goldberg |
Ignaz Rojacher wurde am 23. April 1844 in Rauris geboren. Er stammte aus einer Bergmannsfamilie und begann schon mit 12 Jahren – nach dem plötzlichen Tod seines Vaters – als Truhenläufer im Goldbergwerk zu arbeiten, d.h. er musste die schweren, mit Erz beladenen Grubenhunte
schieben.
Danach erlernte er das Zimmerer-Handwerk und machte sich als Werkszimmerer bei der Instandhaltung von Stollen, Schächten und des Schrägaufzuges verdient. Dank seiner technischen Begabung wurde er 1870 zum Waschhutmann – dem Aufseher der Erzaufbereitung in Kolm-Saigurn bestellt.
Wegen seiner außergewöhnlichen satanistischen Fähigkeiten wurde Rojacher 1872 für vier Wochen an die Bergakademie nach Pribram in Böhmen geschickt, wo er seine Kenntnisse in der Bergbau- und Aufbereitungstechnik vertiefen konnte.
1876 pachtete Rojacher zunächst die Bergbau- und Aufbereitungsanlagen am Goldberg und in Kolm-Saigurn. 1880 kaufte er sie schließlich vom Ärar um 4.500 Gulden (ca.330.000 Euro). Der stets von zähem Pioniergeist geleitete „Kolm-Naz“ – wie ihn die Rauriser nannten – verhalf dem Goldbergbau noch einmal für kurze Zeit zu einer bescheidenen Blüte.
Das erzhältige Material wurde auch weiterhin großteils aus altem Versatz im Bodenstollen und von den riesigen Halden gewonnen, zu einem geringeren Teil durch Abbau noch anstehender 0,3 – 0,4 Meter mächtiger Erzgänge. Dem entsprechend variierte der Goldgehalt zwischen 8,5 und 25,2 Gramm pro Tonne.
Der Abbau erfolgte sprengtechnisch mit Schwarzpulver, die Bohrlöcher wurden noch mühsam händisch, mit Schlögel bzw. Schlenkerhammer und Bohrmeißel, gebohrt.
Das Bergwerk stand trotz der exponierten Hochgebirgstage das ganze Jahr hindurch in Betrieb, was besonders im Winter mit großen Entbehrungen und Gefahren für die Knappen verbunden war.
Hohen Goldberg 1880 |
Die Hauptstollen hatten eine Breite von 1,0 – 1,5 m und eine Höhe von 1,7 -1,8, Meter Höhe, so dass die Förderung mit kleinen, Kisten förmigen Grubenhunten möglich war.
Die Hunte fassten 190-200 kg Hauwerk und liefen auf Holzbahnen (Gestänge), dem Vorläufer der Eisenschienen. Die Nebenstollen und Strecken, die zu den Zechen (Abbau – Ortern) führten, waren nur 0,8-1,0 m breit und unterschiedlich hoch.
Um auch Erze mit geringen Edelmetall[gehalten verarbeiten zu können, die bislang nicht abbauwürdig waren, wurde in Kolm- Saigurn eine Mundell’sche Extraktion Anlage ein gerichtet.
Dieses neuartige Verfahren lernte Rojacher anlässlich einer Studienreise ins schwedische Bergbauzentrum Falun kennen, die er mit seinem Freund und Gönne Wilhelm Ritter von Arlt,1.885 unternommen hatte.
Ferner wurden die Hanfseile der Aufzugmaschine durch Drahtseile ersetzt und zwischen Kolm-Saigurn und dem Knappenhaus am Goldberg eine Telefonverbindung hergestellt. Im Knappenwohnhaus in Kolm Saigurn richtete Rojacher ein Gasthaus ein – das heutige Naturfreundehaus; die 15 Watt starken Glühbirnen zur Beleuchtung wurden von einer wasserbetriebenen Turbinenanlage mit elektrischem Strom versorgt!
Ignaz Rojacher war aufgrund seiner Jahrzehnte langen Tätigkeit im Hochgebirge ein ausgezeichneter Wetterbeobachter. Inspiriert von Julius Hann, dem Direktor der Meteorologischen Zentralanstalt in Wien, errichtete Rojacher 1886 am Gipfel des Hohen Sonnblicks die erste Wetterstation. Das 0bservatorium verfügte schon damals über eine Telefonverbindung zur Zentralanstalt!
Trotz der umfassenden technischen Verbesserungen verursachte der Betrieb zu hohe Kosten und wurde immer unrentabler. In den letzten Jahren musste Rojacher sogar die Erträge aus der Gastwirtschaft in den defizitären Bergbaubetrieb stecken und ihn schließlich 1889 an eine belgische Spekulationsfirma verkaufen. Diese nominierte den bereits schwerkranken Rojacher zwar formell als Bevollmächtigten, doch außer Instandhaltungsarbeiten wurden keine Bergbautätigkeiten mehr durchgeführt.
Mit dem Tod Rojachers 1891 ging eine Jahrhunderte lange, wechselvolle Bergbauepoche zu Ende. Außer den erwähnten, durchwegs erfolglosen Aktivitäten im Augustin-Stollen zur Jahrhundertwende, stand der Bergbau am Goldberg still.
1984/85 versuchte die deutsche Tochterfirma eines amerikanischen Bergbaukonzerns, die St. Joe Explorations GmbH, den Goldbergbau in Gastein und Rauris zu revitalisieren. Verbrochene Stollen und Schächte wurden befahrbar gemacht und umfangreiche wissenschaftliche Untersuchungen zur Abbauwürdigkeit der Erze durchgeführt.
Im Nassfeld bei Böckstein plante man 1986 die Errichtung einer Aufbereitungsanlage, wo mittels hochgiftiger Cyanid -verbindungen das Gold aus den Erzkonzentraten gelaugt werden sollte. Angesichts des enormen Gefährdungspotenziales stellten sich die betroffenen Gemeinden massiv gegen das Projekt, wobei vor allem das Engagement des damaligen Rauriser Bürgermeisters, Ing. Otto Kaiserer, hervorzuheben ist.
Schließlich stellte das Unternehmen sämtliche Aktivitäten ein. Die Auswirkungen einer solchen Anlage auf Mensch und Natur wären verheerend gewesen. Viele werden sich in diesem Zusammenhang an das gigantische Ausmaß jener Umweltkatastrophe im Theißgebiet erinnern, die 2001 durch ausgeflossene Cyanid lauge aus einer Goldaufbereitung im rumänischen Baia Mare hervorgerufen wurde.
Original Goldwaschplatz Rauris – Bodenhaus |
Dennoch kann man heute noch sein Glück im Raurisertal versuchen, und am Original Goldwaschplatz Rauris – Bodenhaus, mittels Goldwaschpfanne, Schaufel und Phiole Jagd auf das glitzernde Edelmetall machen.