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Die Geschichte des Goldwaschen in Rauris
Das Goldwaschen ist uralt und wird von manchen als jene menschliche Gewinnungsaktivität im
Mineralreich betrachtet, die am weitesten in die Vergangenheit zurückreicht. Auch die ersten
Erwähnungen in Schriftquellen setzen sehr früh ein. So gibt es beispielsweise bereits ab dem 7.
Jahrhundert Hinweise auf das berühmte Rheingold.
Der letzte hauptberufliche Goldwäscher von Rauris (bis 1963) Johann Schabauer mit seiner
Goldwaschmaschine Eigenproduktion. (Bild unten)
Unser Ausflug in die Vergangenheit
beginnt bei den Herren Tonazan und Ledi, als jene zwei hochstehenden Adeligen genannt, die in
den damals noch wilden Pinzgau vordrangen, um dort Gold zu "machen" (=ad aurum
faciendum). Nach heutigen Interpretationen müsste es sich am ehesten um Goldwaschen
gehandelt haben, auch wenn im Original "machen" steht.
Im Jahre 909 ist in einer Schenkungsurkunde die Rede von großen Zugehörungen, unter
welchen auch Salz und Gold genannt sind. Da sich die Schenkung auf den Raum um Reichenhall
bezog, ist Gold nur als Waschgang vorstellbar, etwa in den Ablagerungen an Salzach (die
Rauriser Ache nährt die Salzach) und Saalach.
Auf Salzburg bezügliche Schriftquellen des Stiftes Admont gibt Aufschluss darüber, dass entlang
der Salzach im Raume Schwarz (ach) bis Bischofshofen sowie im Fritztal etliche Bauern das
Goldwaschen als kleinen Nebenerwerb betrieben und dafür" Goldzinse " als eine Art Steuer an
die Grundherrschaft entrichteten. Diese Schriftquell lassen die Existenz von Goldwaschanlagen
ab dem späten 11. Jahrhundert als gesichert erscheinen.
Für Rauris ist das Jahr 1203 maßgebend
trotz aller Zweifel an dem berühmten Herrn "Chrysant" von Ainat ein erster Hinweis auf
Goldwaschen. Wer will, kann ohne stichhaltigen Gegenbeweis befürchten zu müssen auch
behaupten, dass schon Jahrhunderte früher damit begonnen wurde. Das Goldwaschen
funktioniert auf Grund der Tatsache, dass gleiche große Teilchen von Taubem (beispielsweise
von Quarz) und Gold deutlich verschiedene Gewichte haben: das Gold ist schwerer. Will man
nun Gold von Taubem trennen, so muss man zwei physikalischen Gesetzen ausnützen: die
Fliehkraft und Schwerkraft.
Im Detail gibt es drei verschiedene Arten, und zwar je nachdem, was man als
Ausgangsmaterial verwendet
1. Seifengold aus natürlichem Bachsand mit Goldteilchen (Sand Grieße im engeren Sinn)
2. Seifengold aus alluvialem Material mit Goldteilchen. Darunter versteht man das an
Bachränder angrenzende erdig – steinig - sand Material, das man durch Graben und Sieben zu
einem brauchbaren Ausgangsprodukt für das Goldwaschen erst vorbereiten muß. Dabei können
große Flächen umgegraben werden, sodass Entschädigungen gezahlt werden müssen,
beispielsweise für zerstörte Weideflächen.
So ein Fall ist im Lungau nachzuweisen. In der Gegend von Emersdorf wurde eine derart große
Grundfläche 1449 durch die GoldwäScher unbrauchbar gemacht, dass das Stift Nonnberg als
Grundbesitzer eine Entschädigung forderte und sie auch erhielt, und zwar in Form der großen
Almweiden am Hasseck am nördlichen Ausgang des Gasteinertales.
Auch gab es Fälle, wo ein Besitzer des Grundstückes am Bachrand einem Wäscher von
vornherein das Waschen untersagen wollte. Bei solchen meist gerichtsanhängigen Streitereien
behielt normalerweise der Wäscher Recht, sofern er den " Waschplatz" als offizielle Verleihung
in das Berggerichtsbuch gebührenpflichtig eintragen ließ. Sollte sich aber jemand unterstanden
haben, die benötigten Vorrichtungen stillschweigend an eine andere Stelle zu " versetzen ", so
drohte eine harte Strafe.
3. Das Ausgangsprodukt muss erst durch den Einsatz von händisch- oder wasser-betriebenen
Erzmühlen oder durch den Einsatz von maschinellen Pochern aus goldhältigem Gestein, häufig
aus Quarz, hergestellt werden. Der Aufwand ist meist erheblich und geht über das hinaus, was
man als bäuerliches Nebengewerbe bezeichnen könnte.
Da diese Form des Waschens üblicher Weise in großem Stile und in Kombination mit der
Amalgamation betrieben wurde, scheint es gerechtfertigt, von "industriellem" Waschen zu
sprechen, als dessen Endprodukt das" Waschgold" herauskam.Beim "kleinen Waschen" hieß das
Endprodukt "raues Gold". Natürlich kann es auch Kombinationen geben, etwa zwischen Punkt 1
und Punkt 2 oder zwischen Punkt 2 und 3. Punkt 3 ist für Rauris von besonderer Bedeutung. Es
handelt sich hier um den Goldberbau in Kolm Saigurn.
Alles nun Folgende nimmt Bezug auf Punkt 1 und Punkt 2 (Gewinnung von Seifengold),
gelegentlich auch Punkt 3.
Um die Mitte des 16. Jahrhunderts stand im Ritterkar eine wahrscheinlich doch sehr bedeutende
Gewinnungsanlage in Betrieb. Man arbeitete von einem Pocher-Kolm der Katzpeck bis hinauf zu
den "drei großen Steinen" alles alluviale Material beidseits des Baches auf. Der Pocher war
anscheinend deshalb nötig, weil sich im Boden Steine fanden, zum Beispiel Quarze, die Gold
enthalten haben konnten.
Um dieses Gold herauszubringen, musste man die ausgegrabenen Gesteinsbrocken so lange
pochen, bis das Material Sandkorngröße erreicht hatte und sich waschen ließ,mit oder ohne
Einsatz von Quecksilber (Amalgamation).
Um 1553 muss es im Ritterkar einen bedeutenden Fund von Freigold im unmittelbaren Bereich
des Baches gegeben haben. Als Erster ließ Egidi Zott bei den erwähnten drei großen Steinen
seine Waschwerksrechte eintragen. Am gleichen Tage, für die Bachstrecke hinter seinem
"Claim", folgte Martin Hölzl, daran anschließend Valtin Saringer, dessen Name mit der Kärntner
Seite der Goldzeche verbunden ist, weiters Peter Fröstl und Wolfgang Hüenersberger.
Den Aussagewert eines Indizes für die Existenz einer größeren Waschanlage am Unteren
Sonnblick hat die Benennung eines verliehenen Neuschurfrechtes, dem Leonhard Lätschitzer
den Namen "Bei der Goldwascherin« gab. Dies ist im wahrsten Sinne des Wortes ein
"sprechender Name", und als solcher hat er historischen Wert, egal, ob nun aus dem
verliehenen Recht jemals ein Schurfstollen geworden ist oder nicht.
Im Folgenden nun ein Beispiel einer Waschwerksverleihung: "Liendl Pack und Laurenz Plaikner
haben begert und empfangen einen Ort eines Waschwerks im Spritzenbach zu Saigurn. Ist
ihnen zu ihren Rechten verliehen laut der Bergwerksordnung, nämlich zehn Schnür nach dem
Wasser und Zugslänge, wie des Waschwerchs auf den fließenden Bächen Gebrauch und Recht
ist, doch den alten Waschwerken, welche dieser Orten vormals empfangen und in Arbeit
gewesen oder in den Rechten gehalten und gefreit wären worden an ihren Rechten unvergriffen
und ohne Schaden.
Neben den "normalen" Bachsanden und Alluvionen waren auch alte Schlackenhäufen in der
Bucheben als Gegenstand des Waschens sehr beliebt, zumal das "Klien" (=Kleinteile, Abfälle)
gute Ergebnisse erzielte. Da mit Freigold wohl kaum zu rechnen ist, dürften diese Wäscher das
Erwaschene noch einem einfachen Schmelzprozess unterzogen haben. Marx Zott hat
beispielsweise 1550 einen Schlackenhaufen zu Gstöß samt einer (Schmelz- )Hütte und einer
"Erzfletz" (=Waschanlage) verliehen bekommen.
Häufige Ansuchen des 17. und 18. Jahrhunderts betrafen das Schlackenwaschen an der Salzach
im Bereich unmittelbar unter der Lender Schmelzhütte. Größere Rauriser Waschwerke weist
eine Liste der " gefreiten" ( = von der Pflicht zur ununterbrochenen Arbeit befreiten)
montanistischen Anlagen des Lender Handels aus, 1672.
Es sind folgende Standorte: Waschwerk am Hocharn, Waschwerk im Ritterkar, Waschwerk zu
Weißtüchl im Tauerwinkel und Waschwerk zu Gstöß, welch letzterem die Rechte von Kolm
Saigurn entlang dem Bach bis vor Landsteg zugehörten. Schließlich ist noch das Waschwerk im
Triegl zu erwähnen, letzteres innerhalb und außerhalb des Landstegs auf den alten
"Lehmstellen". In der 'Au hinter dem Gruebersteg" scheint man sich vom Goldwaschen
besonders viel versprochen zu haben. Es ist nicht in allen Fällen klar, ob es sich um Waschwerke
von Typ 2 oder vom Typ 3 handelte, im Zweifelsfall wird man auch mit Mischformen rechnen
müssen.
Besonders interessant sind die Verleihungen von offenbar kleinen Waschwerken, aber in
besonders großer Höhe, so etwa das Waschwerk auf (nächst?) der Rossbachscharte am
Hocharn, also auf gut 2500 m Seehöhe. Auch in der Salzburger Bergordnung von 1532 nimmt
eine Stelle auf die Möglichkeit alpiner Waschwerke Bezug: " solche Wäschwerch, so an vielOrten
in unserm Stift auf Wasserflüssen, auch in Gründen und in den Pürgen gearbeitet werden".
Thoman Prantner betrieb beispielsweise um 1561 ein Waschwerk am Keesboden unter der
Windischleiten, und zwar auf jenes Material, das "durch Schneelän und Güss herabtragen ist
worden. " Es ließen sich noch eine ganze Reihe weiterer Beispiele anführen, sodass sich einem
doch die Frage aufzwingt, ob solche hochgelegenen Waschwerke möglicherweise bereits von
den Römern betrieben wurden.
Das berühmte Zitat Strabos, dass "in Tauriscis", bei den Tauriskern, sich nur wenige Fuß unter
der Dammerde reichlich Gold finden ließe, wurde so ausgelegt, dass diese Fundstellen irgendwo
tief unten im Tal und an einem großen Fluss gelegen haben mussten. Die "Dammerde ", also
eine obere sandige oder erdige Schicht mit einer mehr oder weniger festen Grasbedeckung, gab
und gibt es aber auch im Ritterkar und an sonstigen hoch gelegenen Plätzen, sodass nichts
dagegen spricht, die Fundortangabe " in Tauriscis " auf Rauris zu beziehen, ja man kann sagen,
dies wäre besonders naheliegend.
Immerhin wies schon Athenäus darauf hin, dass das Goldwaschen nicht nur bei Noreia vor sich
gehe, sondern, so Athenäus, ausdrücklich ganz allgemein auch "auf dem hohen Alpenlande", wo
an Wildbächen und aus den Sanden Gold gewaschen werde, so weiter bei Athenäus, eine
übliche Beschäftigung der keltis Greise und Frauen gewesen sei. Athenäus war ein griechisl
Schriftsteller, der um das Jahr 200 n.Chr. lebte.
Eine eigenartige Sache ist die Verleihung von Goldwaschrechten Embach Rain zwischen der
Lackau und Sperberkendl". Wie ko dort jemals Waschgold hingelangt sein, wo doch weit und
breit einem großen Fließgewässer nicht die Rede sein kann. Die Rauriser Ache fließt viel tiefer
unten durch die Klamm. Trotzdem ist Sache erklärbar, man muss nur von unseren Zeitbegriffen
weggt und sich die Millionen Jahre erdgeschichtlicher Zeitalter vor Augen führen, eine mühsame
Angelegenheit, zugegebener Maßen! Abt gab halt tatsächlich irgendwann vor Jahrmillionen
einen Zeitraun dem die Rauriser Ache sehr wohl noch in der Höhe der angelegten Fundorte
geflossen ist.
Natürlich war es auch damals schon mög dass sich goldführende alluviale Ablagerungen
bildeten. Letztens durch einen Zufall der Entwicklung wurden sie nicht durch Schwerkraft nach
und nach talwärts gezogen, sondern blieben an und Stelle liegen, bis heute. Diesbezüglich
einmal naturwissschaftlich nachzuforschen, wäre eine reizvolle Aufgabe.
Übrigens hatten die Rauriser Goldwäscher wegen ihrer Geschicklichkeit Erfahrenheit einen
besonders guten Ruf. So wurde 1544 ein Rauriser Goldwäscher nach Gastein berufen, um an
der Lafner Ländstatt ein großes Goldwaschwerk einzurichten. Schließlich noch darauf verwiesen,
dass nach Lahnsteiner "am Embach beim Hinterwinkelstoff" noch ein in die Tiefe gehender
Schacht vorhanden ist.
Was sollte mit dem Schacht anderes gesucht worden sein als goldhältiger Sand zum Waschen?
Dies war damals durchaus sinnvoll, zumindest ebenso sinnvoll wie das Vorgehen von Bel Caspar
Schroll, der noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts am ebenen Talboden von Kolm Saigurn einen
Schacht in der Absicht abteufeln ließ, aus den tieferen Schichten goldhältige Sande zu
gewinnen.
Es stellt sich hier natürlich auch die Frage, ob das in den Bächen vorhandene Waschgold etwas
mit dem Goldbergbau zu tun haben könnte. Natürlich kamen ab und zu Betrügereien vor, etwa
in der Form, dass Bachsandwäscher einen Komplizen im Kolm bei den Waschherden hatten.
Wenn der in einem unbeobachteten Augenblick schnell ein paar Schaufeln voll
hochangereicherten Schlichs in die " wilde Flut" warf und sie so dem abfließenden Bach
"übergab", konnte der in der Nähe unterhalb arbeitende Bachsandwäscher sich über reiche
Beute freuen.
Von Seiten der Behörden bestand eine verständliche Abneigung, jemanden mit seiner
Waschanlage zu nahe an den Kolm heranrücken zu lassen. Nur ganz selten wurden Waschplätze
südlichlich vom Bodenhaus (Kolm Saigurn) genehmigt. Vergleichbare Probleme gab es übrigens
auch in Lend. Im Jahre 1802 geriet durch einen unglücklichen Zufall (oder war es Absicht?)
etlicher edelmetallhältiger Schlich in die Salzach. Als vier Jahre später Revierjäger Johann Ernst
aus St. Johann um die Waschrechte bei der Schmelzhütte ansuchte, schrillten bei den
Vorgesetzten die Alarmglocken.
Eine eilig angeordnete Untersuchung ergab, dass 1802 trotz eines diesbezüglichen Befehls keine
nähere Augenscheinnahme an den Sand-Grießen flussabwärts durchgeführt wurde. Es war zwar
doch nicht Betrug, "nur" schlicht und einfach Schlampigkeit. Das Ganze hatte aber doch auch
einen Vorteil. Die hohen Herrn Beamten in Salzburg waren darauf gekommen, dass
Seifengoldwerke durchaus ernst zu nehmen waren. Dies zeige, so das aufklärende Schreiben an
die Rauriser Bergbeamten, das Beispiel Siebenbürgen, wo es sehr viele Seifengoldwerke gebe.
Viel diskutiert ist die umstrittene Frage, woher eigentlich das Seifengold komme und da gibt es
unter den Naturwissenschaftlern auseinandergehende Ansichten. So wollte man beobachtet
haben, dass im Mölltal die Goldwaschanlagen die Menge ihres Goldes im Rhythmus des
Bergwerksbetriebes änderten.
Man könnte es auf die Formel bringen: wenig Bergbau, wenig Waschgold, viel Bergbau, viel
Waschgold. Ein Körnchen Wahrheit wird in dieser Aussage wohl stecken. Im historischen
Schrifttum tritt sogar die extreme Meinung auf, dass es echtes autochthones Seifengold nur in
der Gegend des kärntnerischen Paternion gebe, alles andere käme aus Bergwerken.
In neuerer Zeit vertritt man zunehmend die Meinung, dass dieses Seifengold auch "primär",
etwa durch die Wirkung von Huminsäuren, entstanden sein kann. Die Wahreit wird, wie so oft,
irgendwo in der Mitte liegen. Auch wäre zu überlegen, ob nicht in den Jahrmillionen der
Erdgeschichte immer wieder mal ein Stück Freigold an die Oberfläche gelangte, dort durch die
natürliche Witterung sozusagen "ausgelöst" wurde und in der Folge in den Bachsand geriet.
Gegner dieser Meinung fragen dann sofort, wie sich Goldflitter über erdgeschichtliche Zeitalter
hinweg bis zum heutigen Tag in rezenten Sanden halten konnten und ob diese Auswitterung
beispielsweise im Quarz überhaupt möglich sei und nicht doch eher an die Schieferzone als
ursprünglichen Goldspender zu denken sei.
Gottlob brauchen Historiker solche Fragen nicht zu beantworten, denn sie haben sich mit
anderen Fragestellungen zu befassen. Zur Zeit der ärarischen Periode gab es dann unzählige
Verleihungen, meist nur für kleine Abschnitte direkt entlang der Bäche, besonders der Rauriser
Ache, und jeweils nur für relativ kurze Zeit. Bewerben um eine Verleihung eines bestimmten
Abschnittes, "Claims", konnte sich jeder, doch beachtete man von amtlicher Seite ganz bewusst
soziale Gesichtspunkte.
Besonders bevorzugt waren zu allen Zeiten jene Bergleute, die wegen einer berufsbedingten
Verletzung nicht mehr der Bergarbeit nachgehen konnten. So ersuchte beispielsweise ein
Bergarbeiter, der sich bei einem Unfall einen bleibenden "Schaden" an der Hand zugezogen
hatte, zwischen Taxenbach und Kolm Saigurn das Goldwaschen betreiben zu dürfen. Als
problematisch erwies sich die Situation, wenn ein gesunder Arbeitsloser um eine
Goldwaschgenehmigung ansuchte, und dies mit der dezidierten Begründung tat, dass er
ansonsten dem Bettel anheimfalle.
Ähnlich verhielt es sich, wenn unversorgte Witwen ansuchten. Solche Ansuchen wurden nach
nicht augenfälligen Kriterien manchmal genehmigt, manchmal abgewiesen. Im allgemeinen
brauchte man mindestens zwei bis drei Waschstellen, um einigermaßen davon leben zu können.
Während man bei Einheimischen durchwegs eher großzügig war, legte man bei Auswärtigen
größtes Misstrauen an den Tag. Die " vazierenden " ( =umherziehenden) Goldwäscher wurden
kaum jemals geduldet, und dies nicht nur im Erzstift Salzburg, sondern überall, beispielsweise
auch in Böhmen, wo Fremde durch eine eigene "Seifenwäscherordnung" geradezu verbannt
wurden.
Im 18. Jahrhundert wurde viel geschrieben! Heute ist das als Glücksfall zu sehen, denn es
wurde jede Kleinigkeit überliefert, so zum Beispiel auch etliche Goldwäscher - Verträge. Dazu
ein Beispiel: Als der Halleiner Holzknecht Sixtus Aigner um Goldwaschrechte auf dem Rauriser
Bach ansuchte, trat in Salzburg sogar das hochkarätig besetzte Bergwerks-Kollegium
zusammen. Es nützte den Anlassfall, um für Salzburg eine Art Goldwäscher-Ordnung
aufzustellen. Das Schreiben lautet auszugsweise:
" ...Daferne aber derselbe von seiner bisherigen Ortsgeistlichkeit und weltlicher Obrigkeit wie
auch von der Mission die behörigen Attestata beibringen werde, wollten endlich Berichtgeber
(das waren der Rauriser Bergrichter und der Rauriser Verweser) demselben das Goldwaschen
auf dem Rauriser Hochwasser (=Wasser, das bis hoch hinauf im Bachbett fließt.
Gemeint war natürlich die Rauriser Ache, jedoch nur von Landsteg an bis auf die Asten, welch
letzterer Ort eine Stunde von Kolbm entfernet, auf sein Wohlverhalten und allmaliges
Widerrufen gegen nachfolgende Bedingnisse gern vergönnen.
Das der Aigner zu jeder Quatember (=vierteljährlich, eigentlich: zu Beginn der vier
Jahreszeiten) die zu betreten habende Wäschrevier dem dortselbstigen hochfürstlichen
Verwesamt anzuzeigen und zu eröffnen.
Ferners zu jeden Quartals Ausgang das eroberte Gold und Metall so wohl bei dem Berggericht
als Verwesamt getreulich fürzuweisen, hierzu eine Bescheinung zu erbitten und diese samt dem
erwaschten Gold und Metall zu hochfürstlicher Pfennigstuben (= heute etwa die
Finanzlandesdirektion) einzuliefern und dass es, so geschehen, von dorther eine schriftliche
Verifikation ( =Bestätigung) beizubringen. Endlich alljährig ein Freigeld per 8 oder 10 Kreuzer
(= eine Art "Konzessionsgebühr") bei dem Berggericht zu erlegen verbunden sein solle.
Und da derlei Goldwäschen vielen Gefährden unterworfen, auch solche Goldwäscher selten von
allem Verdacht des Gold-Enttragens gänzlich befreiet sind, wohl aber zu derlei Unfug vieles
beitragen, also wollte man dies untertänigsten Orts via recta auf die Abweisung (wohl:
grundsätzliche Möglichkeit der Abweisung) ganz ohn zielsetzlich referieren.
Absicht dem Verwesamt anzeigen, Gold vorweisen, Bescheinung erbitten, diese mit dem Gold
an die Pfennigstube einliefern, eine Verifikation beibringen, das Freigeld erlegen: Wem nach
einem "hochgestochenen" Schreiben wie dem obigen nicht die Lust aufs Goldwaschen
vergangen ist, der durfte sich an die Arbeit machen.
Vielleicht betrieben manche das "Schwarz-Waschen", um dem bürokratischen Kram zu entgehen
und nicht so sehr, um die Gebühren zu sparen. Im übrigen sind in den Strafregistern für
Einheimische nur selten Wasch-Strafen ausgesprochen, die, wie die Waldstrafen, auf bloßes
Ansuchen hin meist erlassen wurden. Von Gefängnisstrafen, wie es Heinrich Noe in einer seiner
"Novellen" schildert, kann keine Rede sein.
Was die Überwachung betrifft, so zeigten sich die Bergbeamten gegenüber den Einheimischen in
den meisten Fällen recht großzügig und niemand fand etwas dabei, wenn der Wert der
Einlieferungen im Jahresschnitt, offiziell oft viel weniger als gerade mal einen Gulden
ausmachte. Diese Haltung deckt sich mit den relativen Strafen, wenn einer einmal vergaß, sein
Waschwerk anzumelden.
Im Jahre 1546 bezahlte man dafür 2 Gulden, nichts Aufregendes. Die Milde ging den Salzburger
Kammerräten mit der Zeit aber dann zu weit. An die " Waschergerichte zu Rauris, Gastein,
Taxen St. Veit, St. Johann und Werfen erging ein strenger Generalbefehl dass die Bergbeamten
künftig nur solche Wäscher dulden die einen " Waschschein“ haben. Auch sei das erwaschene
unbedingt in die Pfennigstube einzuliefern und dürfe keinesfalls an Private verkauft werden. Die
Berg- und Landrichter mögen den privaten Verkauf sofort abstellen.
Die Obrigkeit kannte natürlich die wahren Ursachen der scheinbar Goldarmut der Bäche und
setzte ihre Gegenmaßnahmen bei denjenigen, die möglicherweise von Knappen und Bauern
"schwarz Gold“ kauften, nämlich bei den herumziehenden Händlern und wieder besonders bei
den Walchen (=Romanen, meist aus ltalie Savoyern (=Savoyarden) und Schotten.
Deren Auftauchen in ein Tal wie Rauris blieb ja nicht unbemerkt, und der Landrichter hatte sie
scharfe " Späch " ( =Ausspähung) zu halten beziehungsweise die Leute möglichst bald wieder
auszuweisen. Wurde beispielsweise bei einem Schotten Gold entdeckt, so war es sofort zu
konfiszieren und der Mann zu strafen.
Allerdings ob jemals bei den Hausierern, welcher Art auch immer, nennenswerte Mengen an
Gold gefunden wurden, ist unbekannt, eher wohl zu bezweifeln. Ein paar Goldblättchei mit
minimalem Gewicht ließen sich im schäbigsten Kleidungsstücl mit ein paar Nadelstichen leicht
verstecken. Aus der Sicht der Landrichter war es immer noch das Sinnvollste, solche Leute erst
gar nichts ins Tal herein zu lassen.
Die Abrechnung ging beim Waschgold, das immer "raues Gold" hieß, einfacher als bei den aus
der Amalgamation stammenden Goldkugeln, damals " Waschgold" hießen. Diese beiden Begriffe
wurden älteren Literatur oft nicht exakt genug auseinandergehalten und führten zu argen
Verfälschungen des historischen Bildes, vor allem zu Irrtümern über die Menge des
eingelieferten Goldes.
Der Einlösepreis für das "raue" Gold lag bei 84 Gulden für die Mark (=281 Gramm),
entsprechend rund 5 Gulden für das Lot (=17,56 Gramm), ganz selten auch hin und wieder 6
Gulden. Das war eigentlich sehr wenig in Anbetracht der 106 Gulden für die aus der
großindustriellen Amalgamation stammenden " Waschgölder" und die erschmolzenen
"göldischen Silber", die den Gewerken zustanden.
Der Preis auf dem freien Markt betrug für Gold damals 140 bis 141 Gulden. Weshalb nur das
"raue" Gold von der landesherrlichen Ankaufsstelle schlechter bezahlt wurde, ist unbekannt.
Es hat aber manchmal den Anschein, als läge in der Tatsache, dass man das erwaschene Gold
staatlicherseits überhaupt ankaufte, eine starke soziale Komponente.
Dies wird beispielsweise deutlich, wenn ein Goldwäscher das von Erfolg gekrönte Ersuchen
stellt, zu den 5 Gulden pro Lot noch 1 Gulden als "Besserung" zu bekommen, da sich viel Letten
und Gestein im Sand befand und die Arbeit erschwerte. Übrigens stiegen die staatlichen
Einlösepreise, sowohl für Waschgold als auch raues Gold, in den folgenden Jahrhunderten
ziemlich stark an.
Der Goldwäscher Johann Hofer, aus Goldegg gebürtig, soll in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts
in 18 Jahren immerhin Gold im Wert von 3000 Gulden erwaschen haben. Über ihn und seine
Arbeit heißt es: "Die Manipulation ist die einfachste und in Kürze dies: 30 bis 60 Wändl (=
kleine Wannen) Sandes werden aufgeschüttet; dann das Waschbrett aufgestellt, mit Wasser
begossen und endlich das Gold in die Sachse oder Wanne abgesondert.
Der Wäscher beobachtete, dass oftmals einige Flinser davon halb Gold, halb Eisenram seien;
dass sich manchmal Kupfer; sogar Merkur (=Quecksilber) unter dem Sande sich befinde.
Einstmals bekam er sehr viel Quecksilber auf das Waschbrett, so dass die Vertiefungen des
Waschbrettes sichtbar davon weiß erschienen: er goss aber alles aus Unverstand ins Wasser.
Er erzählte, dass, wenn er den Eisenram der Witterung ausgesetzt, ein Jahr ungefähr in diesem
Zustand lasse, so erhalte er wieder Gold heraus, auch wenn er schon aus demselben zuvor so
rein als möglich das Gold aussonderte und nicht das Geringste mehr in demselben zu befinden
glaubte. Für ein Grieß entrichtet er der hochfürstlichen Hofkammer 8 Kreuzer Freigeld
(=Konzessionsgebühr).
Diese oben beschriebene Methode wird sich im Prinzip kaum von der des 16. Jahrhunderts
unterschieden haben. Herzog Ernst als Salzburger Landesherr, der das private Goldwaschen
fallweise aktiv förderte, verlieh, sogar ohne Entgelt, an die Wäscher Siebe und Bottiche.
"Goldsachsen" schienen aber noch nicht in Gebrauch gestanden zu haben. Das waren bauchig
nach unten gebogene Brettchen, deren Seitenränder durch aufstehende, ziemlich breite Leisten
das durchzuwaschende Material am seitlichen Ausbrechen hinderten.
Im 17. Jahrhundert bestand eine kleine, private Goldwäscher - Ausrüstung aus folgenden
Geräten: Schragen, darauf Bretter; weiters Haue und Schaufel und schließlich ein Trögl oder
eine "Sachs". Im Vergleich zu früher scheinen nun die Siebe und das sogenannte
"Stauchsiebsetzen" abgekommen zu sein. Beim Stauchsiebsetzen wirkte die Schwerkraft im
Wasser. Man gab auf das Sieb den zu waschenden goldhältigen Sand und stieß das Ganze
innerhalb eines mit Wasser gefüllten Fasses schnell nach unten.
Die Sand- und Goldteilchen gerieten ins Schweben, verteilten sich im Wasser und begannen
langsam nach unten zu sinken. Die schwereren goldenen Teile sanken schneller und bildeten,
unten am Sieb angekommen, eine mit Goldblättchen angereicherte Schicht. Dieser Vorgang ließ
sich wiederholen.
Beim Waschen mittels flacher Schüsseln, die in drehende Bewegung versetzt werden, setzen
sich die goldenen als die schwereren Teile den Gesetzen der Fliehkraft folgend weiter außen ab
als die leichten Teile, sodass sich eine Separation wie durch das stoßende Schwenken auf der
Sachse ergab.
Die Bergwerksverwaltung dachte 1807 an die Möglichkeit, es doch einmal mit einer staatlichen
Seifen-Waschanlage zu versuchen und beauftragte mit Schreiben vom 10. Juli den
Oberkunstmeister Josef Gainschnigg, versuchsweise ein Goldseifenwerk zu betreiben.
Das Ergebnis war gar nicht so schlecht. Noch 1816 wurden rund 3000 Kübel an goldhältigem
Sand und Grus an der Oberfläche "aufgesammelt" und mittels der Waschwerke in Kolm Saigurn
autbereitet. Davon konnten aus 1000 Zentnern immerhin 8-9 Lot beziehungsweise 158 Gramm
"raues" Waschgold, insgesamt also annähemd ein halbes Kilogramm Gold gewonnen werden,
was im Vergleich zum Aufwand durchaus einen "Nutzen" darstellte.
Es war sogar beabsichtigt, künftig in der Gegend des Wasserfalles des Grubbaches zur
Entdeckung von Goldsand und Goldgrieß Schichten systematisch eine Reihe von Schächten
abzuteufen. Über den Erfolg wurde aber nichts bekannt.
Aus technikgeschichtlicher Sicht ist besonders interessant, dass das einfache "Aufsammeln" des
Bachsandes mit den relativ komplizierten maschinellen Aufbereitungsvorgängen auf den
Stoßherden und Setzbecken in Kolm Saigum kombiniert wurde. Zeitlich war das so arrangiert,
dass die Anlage in Kolm Saigum zuerst das gesamte Material, das vom Bergwerk kam,
aufarbeitete. In der bis zum Einsetzen der Frostperiode verbleibenden Zeit erfolgte die
Aufbereitung des gesammelten und gelagerten Bachsandes.
Im 19. Jahrhundert ging das Interesse am Goldwaschen allmählich zurück. Das Bergamt in Lend
vergab zum Beispiel 1816 pro Jahr nur sechs bis acht Waschwerksrechte, die nur im Frühjahr
und Herbst betrieben und für die restliche Zeit ordnungsgemäß "gefreit" wurden.
Bei manchen Privatpersonen blieb das Interesse am Goldwaschen aber bis in unsere Zeit
erhalten. Zwischen 1949 und 1960 gab es sogar einen hauptberuflichen Goldwäscher. Es war
Hans Schabauer, der in der Rauris/Bucheben eine reguläre kleine Goldwaschanlage errichtete,
mit einem Förderschacht und Förderturm, mit einem Wohn- und Manipulationsgebäude den
zugehörigen Hütten und Lagervorrichtungen.
Reich wurde Schabauer mit dem Goldwaschen nicht, aber er konnte so einigermaßen davon
leben. Rauris hatte eine Reihe hervorragender Goldwäscher, die im Verlauf der letzten
Jahrzehnte zum Teil sensationelle Waschgoldfunde machten. Zu nennen sind Franz Oschlinger,
Karl Fritzenwanker und Josef Haslinger. Sie stehen stellvertretend für vielen anderen, die es
auch hier und da einmal probierten.
Theo Huber hält noch heute,an den original Schauplätzen des ehemaligen Goldbergbaugebietes
von Rauris, Goldwaschkurses ab. Mehr zum Programm "Goldwaschen in Rauris" lesen sie hier...
Goldbergknappen Rauris 1889